Zoo Leipzig
Populationsmanagement als elementares Element im Artenschutz
Zoos im 21. Jahrhundert sind Bildungsstätte und Erholungsort, aber vor allem auch Artenschutzzentrum. Um eine artgemäße Tierhaltung zu gewährleisten und gesunde Populationen bedrohter Tierarten zu erhalten, sind zahlreiche Aspekte zu beachten. Wohlbefinden, Tiergesundheit, artgerechte Ernährung und das Ausleben von Sozialverhalten, Jungtieraufzucht und Fortpflanzung gehören dazu.
Zuchtempfehlungen bei bedrohten Arten werden vom Europäischen Erhaltungszuchtprogramm auf Basis des kontinentalen Bestandes ausgesprochen. Die Zukunftsdaten sind dabei nicht allumfassend, so dass die Entwicklung der Populationen mit Blick auf Geburten und Sterbefälle nur bedingt vorhergesagt werden kann. Wenn dann noch Seuchen wie die Blauzungenkrankheit und Maul- und Klauenseuche dazukommen, wird die internationale Zusammenarbeit beim Austausch der Tiere ebenso wie das Bestandsmanagement noch zusätzlich erschwert. Wichtig ist die Gesunderhaltung der Population sowie einer adäquaten Alters- und Geschlechtsstruktur, die den langfristigen Fortbestand der Arten ermöglicht.
Der Entscheidungsprozess
Im Rahmen dieses ausgewogenen Populationsmanagements kann es deshalb notwendig sein, dass Tiere nicht in ihren Gruppen oder Herden bleiben können, weil es die Alters- oder Geschlechtsstruktur oder der Platz nicht hergeben. In solchen Fällen wird gemeinsam mit dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das die Bestände bedrohter Arten in Europa koordiniert, eine Lösung für eine neue Unterbringung gesucht.
Der Zoo Leipzig konnte in der Vergangenheit bereits Nachzuchten von Weißnacken-Moorantilopen an Zoos in andere europäische Länder abgeben, allerdings zu einer Zeit, als aktuelle Beschränkungen durch die Tierseuchenlage noch nicht bestanden. Auch im aktuellen Fall der vier Weißnacken-Moorantilopen im Bestand des Zoo Leipzig hat es zunächst ein intensives Verfahren unter Einbeziehung des zuständigen EEPs gegeben, im Rahmen dessen jedoch keine verantwortungsvolle realisierbare Unterbringung in einer anderen Einrichtung gefunden werden konnte. Abschließend hat eine zoo-interne Tierschutzkommission deshalb nach Prüfung aller Möglichkeiten den Beschluss zur Tötung der Moorantilopen zum Zweck der Verfütterung an Raubtiere gefasst.
Artgemäße Haltung und artgemäßes Futter
Derartige Entscheidungen werden nicht leichtfertig getroffen, sondern sind Ergebnis intensiver Prozesse. Tatsache ist aber auch, dass die Fortpflanzung und Aufzucht von Nachwuchs zu einer artgemäßen Haltung dazu gehören, zum Zeitpunkt der Zuchtentscheidung nie alle Parameter der Zukunft z.B. mit Blick auf Geburten und Sterbefälle bekannt sind – und dass Raubtiere Futter brauchen. Kommt das Futter aus dem eigenen Bestand, sind sowohl die Haltung als auch die Ernährung bekannt und das Futter kann als gesund und vollwertig eingestuft werden. Die Tiere zu entsorgen statt zu verfüttern, wäre nicht sinnvoll und nicht vertretbar, denn auch anderes Fleisch zur Fütterung wird durch Tötung von Tieren gewonnen. Darüber hinaus gehören Antilopen zum natürlichen Nahrungsspektrum unserer Raubtiere und somit zum Nahrungskreislauf.
Auswilderung als Alternative?
Die Auswilderung von Tieren ist auf Ebene der Welt-Staatengemeinschaft bei der Welt-Naturschutzunion IUCN an konkrete Richtlinien geknüpft und ein langwieriger Prozess, der zu allererst geeignete Lebens- und Schutzräume für wildlebende Populationen erfordert. Genau an diesen fehlt es häufig, was die Bestände im natürlichen Lebensraum schrumpfen lässt. Zum verantwortungsvollen Populationsmanagement gehört es deshalb, gesunde Bestände zu erhalten, um bei verbesserten Bedingungen in den natürlichen Lebensräumen Tiere zur Auswilderung bereitstellen zu können. Auch dieser Schritt bedarf großen zeitlichen Vorlaufs, da die schrittweise Gewöhnung und das Erlernen des Überlebens über verschiedene Etappen und ggf. Generationen erfolgen muss.
Daneben bedarf es Strukturen vor Ort im Verbreitungsgebiet, über die die Auswilderungen durchgeführt und langfristig wissenschaftlich begleitet werden können. Der Zoo Leipzig hat jüngst mit der Auswilderung von Feldhamstern ein positives regionales Beispiel starten können, aber auch schon mehrfach Nachzuchten in derartige internationale Projekte gesendet, z.B. Przewalski-Pferde in die Mongolei und nach China.
Im Falle der Weißnacken-Moorantilopen liegt das Verbreitungsgebiet fast gänzlich im politisch instabilen Südsudan, wo die Voraussetzungen für Auswilderungsprojekte derzeit nicht gegeben sind. Umso wichtiger ist es, durch regelmäßige Nachzucht eine gesunde Reservepopulation aufrechtzuerhalten, da auch der Erhalt der noch verbliebenen Freilandpopulation durch die dortigen Umstände erschwert ist.
Zoos im 21. Jahrhundert sind neben dem Artenschutzzentrum auch Bildungsstätte. Aus diesem Grund ist auch die Aufklärung über artgemäßes Futter, Futterherkunft und Notwendigkeiten im Tiermanagement Teil des Anliegens des Zoo Leipzig.
Der Beitrag gibt eine redaktionell unbearbeitete Pressemitteilung der Zoo Leipzig GmbH wieder. Die Subheadline und Fotos wurden durch die bzw. den Autor:in regidiert. Fotos: © Zoo Leipzig GmbH
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